2019

"Wenn Recht zu Unrecht wird ...

... dann wird Widerstand zur Pflicht, Gehorsam aber Verbrechen", dieses Motto setzte das Pfreimder Bündnis gegen Rechts beim Gottesdienst zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus eindrucksvoll um.

Voller starker Gesten, eindrucksvollen Bildern und mahnender Worte war der Gedenkgottesdienst, der turnusgemäß in der Pfreimder Pfarrkirche stattfand. So wurde die Feier nicht mit dem Kreuzzeichen eröffnet, sondern Tänerzerinnen und Tänzer unter der Leitung von Monika Strehl stimmten mit einem Kerzentanz die Besucher meditativ auf die Feier ein. Aber auch ein Sacheldraht, der neben den Altar aufgespannt war, deutete darauf hin, dass ein etwas anderer Gottesdienst zu erwarten war.

Das Pfreimder Bündnis gegen Rechts, bestehend aus der katholischen Stadtpfarrei und der evang.-lutherischen Kirchengemeinde , der Stadt Pfreimd, DGB, verdi, allen im Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppierungen, dem Arbeitskreis Asyl, der Landgraf-Ulrich-Schule mit ihrem Elternbeirat und der Jugendfeuerwehr, stellte heuer ein Thema aus dem Römerbrief in den Mittelpunkt des Gedenkgottesdienstes. In Kapitel 13 wird dazu aufgerufen, dass jeder den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam leisten solle, da es keine staatliche Gewalt gebe, die nicht von Gott stamme. Wer sich der staatlichen Gewalt widersetze, stelle sich gegen die Ordnung Gottes.

Im Laufe der Geschichte ist diese Passage vielfach missbraucht worden, sowohl zur Rechtfertigung von diktatorischen und absolutistischen staatlichen Regimen, aber auch als Entschuldigung für blinden Gehorsam und Mitläufertum. In einer eindrücklichen Meditation zu diesem sperrigen Bibelwort versuchten Mitglieder des Bündnisses, unter ihnen Bürgermeister Richard Tischler und der stellvertretende Landrat Arnold Kimmer, aufzuzeigen, dass dieser Text oft aus dem Kontext gerissen wurde und so für "viele Ausgrenzung, Schikane und Vernichtung" bedeutete. Wohin blinder Gehorsam und unreflektierendes Mitläufertum führen können, hat sich im Laufe der Geschichte auch im Holocaust gezeigt. Für Christen heute gelte es daher den Vorbild Dietrich Bonhoeffers zu folgen, der erkannt hat, dass dort, wo Recht zu Unrecht wird jeder Christ die Pflicht zum Widerstand hat. Symbolisch wurden zu den Texten Rosen an den Stacheldraht geheftet.

Pfarrerin Irene Friedrich sah in ihrer Predigt in der jüngsten Zeit eine Rückkehr von rechten Gedankengut in Deutschland, was ihr Sorge bereite. Die Hemmschwelle für menschenverachtende Äußerungen und Handlungen wird immer niedriger und rechte Parteien nutzen sogar den Landtag für ihre wohl inszenierten Tabubrüche und sprechen ganzen Menschengruppen ihre fundamentalen Rechte ab. Als Christen habe man die Pflicht gegen Extremismus aufzustehen und alle Menschen in Liebe anzunehmen.

Zu den Fürbitten in den denen allen Opfern des Nationalsozialismus, aber auch den Menschen, die heute unter Terror leiden gedacht wurde, zündeten alle Gottesdienstteilnehmer eine Kerze an und ließen so den mit Blumen geschmückten Stacheldraht in warmen Licht erstrahlen.

Pfarrer P. Georg dankte dem Team des Pfreimder "Bündnis gegen Rechts" mit Initiator und Motor Kurt F. Stangl für die anspruchsvolle Gestaltung. Zum Abschluss brachte Alina Kraus in Begleitung ihres Bruders Adrian das Lied "Für die Liebe" beeindruckend zu Gehör. "Wir haben die Wahl" und "Ich entscheid´mich für die Liebe und für die Menschlichkeit", das ist gewissermaßen die Hausaufgabe für die Gottesdienstbesucher, die tief nachdenklich das Gotteshaus verließen.